Die Stimme der Menschen mit
seltenen Krankheiten in Europa
Aufruf an Kostenträger zur Verbesserung des Patientenzugangs zu Arzneimitteln
Ein Drittel aller Patienten hat keinen Zugang zu den von ihnen benötigten Orphan-Arzneimitteln. Ein weiteres Drittel erhielt nur nach jahrelangem Warten Zugang. In jüngster Zeit werden einige wichtige Arzneimittel aufgrund ihrer hohen Kosten und deren Auswirkungen auf das Gesundheitsbudget nicht zur Verfügung gestellt.
In diesem Jahr riefen EURORDIS und das Europäische Patientenforum (EPF - European Patients' Forum) die nationalen Behörden verantwortlich für die Preisstellung und Kostenerstattung von Arzneimitteln innerhalb der EU-Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit bei der Preisstellung von Arzneimitteln auf. Ziel ist die Verbesserung des Patientenzugangs zu Arzneimitteln.
EURORDIS und EPF bitten diese Behörden, Mechanismen für die Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu schaffen, die den Zugang in Europa verbessern würden durch:
- Schaffung eines Runden Tisches für Preisverhandlungen
Die zunehmende Anzahl der zugelassenen Therapien für seltene Krankheiten ist positiv für Patienten und die öffentliche Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig erhöht sich jedoch der Druck auf die nationalen Gesundheitsbudgets. Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit bedarf ein umfassenderer Zugang zu Orphan-Arzneimittel der Abstimmung mit den Gesundheitssystemen. Unser gemeinsames Ziel sollten mehr, bessere, kostengünstigere und schneller verfügbarere Behandlungen sein.
Aktuell werden Orphan-Arzneimittel auf EU-Ebene zugelassen. Der Hauptanreiz für Unternehmen zur Entwicklung von Orphanarzneimtteln (die EU-Marktexklusivität) wird über alle 28 Mitgliedstaaten vergeben. Jedoch werden Entscheidungen, ob Arzneimittel kostenpflichtig sind, auf nationaler Ebene getroffen. Diese Bewertungen verlaufen unabhängig voneinander und von dem zentralen Regulierungsprozess der Europäischen Arzneimittel-Agentur für Orphan Designationen, wissenschaftliche Beratung undMarktzulassung . Auch verlaufen sie unabhängig von den kollaborativen Mechanismen der Gesundheitstechnologiefolgenabschätzung (HTA) für einen frühzeitigen wissenschaftlichen Dialog und gemeinsame Beurteilungsberichte. Diese Unverbundenheit erzielt kein rationales Ergebnis und verschwendet viel Zeit und Geld. Mit einem kooperativen Ansatz kann dies überwunden werden.
Entscheidungen bezüglich der Kostenerstattung eines Arzneimittels sollten weiterhin von nationalen Behörden betroffen werden, aber es sollte eine gesamteuropäische Zusammenarbeit geben. Deshalb rufen EURORDIS und EPF alle Behörden verantwortlich für die nationale Preisstellung und Kostenerstattung zur Schaffung eines Runden Tisches EU-Ebene für Preisverhandlungen auf. Dieser Runde Tisch ermöglicht den nationalen Behörden einen kooperativen europäischen Ansatz zur Aushandlung der Preise von Arzneimitteln mit pharmazeutischen Unternehmen und vermeidet die Fragmentierung über unterschiedliche Länder bzw. sogar auf regionaler oder Krankenhaus-Ebene.
Dieser Runde Tisch könnte zunächst von einer Kerngruppe bestehend aus bereitwilligen Mitgliedstaaten gegründet werden und danach zunehmend mehr Länder integrieren. Belgien, Luxemburg und die Niederlande haben bereits erste Schritte unternommen. Einige weitere Mitgliedstaaten (Österreich, Italien und Portugal) haben ihr Interesse an der Teilname an dieser ersten Kerngruppe bekundet.
Ein europäischer kooperativer Ansatz zu Preisverhandlungen würde auf Nachhaltigkeitsfragen bezüglich Arzneimitteln eingehen, den Patientenzugang verbessern, das Marktzugangsverfahren beschleunigen und somit die Gesundheitsfolgen für Patienten verbessern.
Lebenzyklus von Daten
Die Produktion von zuverlässigen Daten zu neuen Arzneimitteln sollte nicht länger in erster Linie der Marktzulassung dienen. Auch sollten Daten nicht mehr hauptsächlich, falls nicht sogar ausschließlich, vor der Zulassung gesammelt werden. Daten sollten als ein Kontinuum betrachtet und während des gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels gesammelt werden: vor / nach der Zulassung sowie während der Forschung und Entwicklung und der realen Nutzung des Arzneimittels durch die Patienten.
Kostenträger (Stellen zuständig für die Finanzierung bzw. Kostenerstattung der Gesundheitsversorgung) möchten wissen, wofür sie zahlen. Die Unsicherheit bezüglich des Wertes eines Arzneimittels kann nur durch europäische Kooperation reduziert werden. Ziel muss die Verknüpfung des klinischen Werts des Arzneimittels mit zusätzlich gewonnenen Erkenntnissen, der Anzahl der zu behandelnden Patienten und des Preises sein.
- Unterstützung des frühzeitigen Dialogs zwischen Kostenträgern und der Industrie
Alle Interessenvertreter erkennen die Vorteile eines frühzeitigen Dialogs zwischen den Unternehmen, die ein Arzneimittel entwickeln und der EMA / den Institutionen der Gesundheitstechnologiefolgenabschätzung (HTA). Mit diesem Aufruf möchten EURORDIS und EPF die Idee fördern, dass Kostenträger als Beobachter an diesem frühzeitigen Dialog teilnehmen und ihren eigenen frühzeitigen Dialog mit Unternehmen suchen sollten. Dieser frühzeitige Dialog vermittelt den Kostenträgern ein besseres Verständnis der wissenschaftlichen Fragen einer Krankheit und eines Produktes. Auf diese Weise können sie etwaige Bedenken in ihrem Entscheidungsprozess mit einbeziehen und letztendlich Patienten einen schnelleren Zugang zu Arzneimitteln ermöglichen.
Deshalb rufen EURORDIS und EDF nationale Behörden auf zur Teilnahme und Unterstützung eines solchen frühzeitigen Dialogs über Mechanismen wie Mechanismus für den koordinierten Zugang zu Orphan-Produkten (MoCA - Mechanism of Coordinated Access to Orphan Medicinal Products). 5 Unternehmen stehen bereits im Dialog über neue Produkte unter Einsatz von MoCA. Weitere Pilotprojekte werden in den nächsten Monaten anlaufen. EURORDIS unterstützt die Teilnahme von Patienten an jedem dieser Pilotprojekte. Falls Sie weitere Informationen über die MoCA erhalten möchten, senden Sie bitte eine E-Mail an eva.bearryman@eurordis.org.
Eva Bearryman, Junior Communications Manager, EURORDIS
Übersetzer: Peggy Strachan
Übersetzer: Peggy Strachan
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