Was ist ein Europäisches Referenznetzwerk?
Warum brauchen wir Europäische Referenznetzwerke?
Die Bereitstellung von hochspezialisierter Behandlung und Versorgung für Patienten mit komplexen Konditionen kann eine Herausforderung darstellen. Das trifft besonders auf Konditionen mit niedriger Prävalenz, wie das für viele seltene Krankheiten der Fall ist, zu. Die Herausforderung ergibt sich aus Mangel an Fachkenntnissen und der Zertreuung von kleinen Patientenpopulationen innerhalb der EU. Manchmal leben diese Patienten in abgelegenen Orten, wo es entweder keine Fachkenntnisse gibt oder diese nicht zugänglich sind.
Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten kann die Bündelung von Fachwissen unterstützen und sicherstellen, das Wissen zwischen den Beschäftigten des Gesundheitswesens grenzübergreifend ausgetauscht wird. Durch die Gewährleistung, dass Ärzte über das aktuellste und fachspezifischte Wissen verfügen, können sie besser informierte Entscheidungen zur Anpassung der Behandlung und Versorgungskonzepte treffen. Dies wiederum trägt zur Verbesserung von klinischen Ergebnissen und der Lebensqualität von Menschen mit seltenen Krankheiten bei.
Was ist ein Europäisches Referenznetzwerk?
Europäische Referenznetzwerke (ERNs) schaffen eine klare Regulierungsstruktur für den Wissensaustausch und die Koordination der Versorgung innerhalb von Europa. Sie sind Netzwerke von Fachzentren, Gesundheitsdienstleistern und Laboren, die grenzübergreifend ausgelegt sind. Ein Fachzentrum könnte ein klinisches Team, eine medizinische Einrichtung oder ein Krankenhaus sein und es muss von seinem Mitgliedsstaat offiziell zugelassen sein.
Es ist nicht möglich, ein spezielles ERN für jede der über 6000 existierenden seltenen Krankheiten zu schaffen. Deshalb sollten ERNs nach Gruppen von seltenen Krankheiten organisiert sein. Trotz dieser Gruppierung von Krankheiten können Patienten krankheitsspezifische Fachzentren besuchen bzw. das Fachwissen mehrerer ERNs konsultieren.
Die Hauptverantwortlichung für die Organisation und Bereitstellung ihrer Gesundheitsversorgung obliegt dem Mitgliedsstaat; somit ist die Teilnahme an ERNs freiwillig. Falls eine medizinische Einrichtung nicht über genügend Fachwissen verfügt, um zum ERN-Fachzentrum zu werden, kann sie dennoch als assoziiertes bzw. Kollaborationszentrum mitwirken.
Aufgrund der geringen Prävalenz und Komplexität von seltenen Krankheiten sowie der Zerstreuung und kleinen Größe der Patientenpopulationen kann das geschaffene ERNs-System Patienten mit seltenen Krankheiten echten Mehrwert bieten. Ziel der ERNs ist es, Beschäftigten des Gesundheitswesens Zugang zu Fachwissen, das ihnen in ihrem eigenen Land vielleicht nicht zur Verfügung steht, zu verschaffen.
Falls es in ihrem Land kein Fachzentrum für eine bestimmte Krankheit gibt, profitieren Patienten dennoch von dem Wissen, das ihre Ärzte über die Fachzentren anderer Länder erwerben. ERNs bieten eine Struktur, die Ärzten den grenzübergreifenden Zugriff auf Fachwissen ermöglicht.
ERNs fördern den Austausch und die Mobilität von Fachwissen, anstatt der grenzüberschreitenden Bewegung der Patienten selbst. Unabhängig davon ermöglicht die EU-Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung Patienten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen im Ausland sowie Anspruch auf Rückerstattung durch ihr Wohnsitzland in der durch den nationalen Leistungskatalog vorgesehenen Höhe.
EURORDIS' Ziel ist es, sicherzustellen, dass alle Patienten mit seltenen Krankheiten, einschließlich der nicht diagnostizierten Patienten, durch ein ERN abgedeckt werden, damit alle Menschen mit seltenen Krankheiten eine für sie verantwortliche Einrichtung im europäischen System von ERNs finden.
Lene Jensen, Patientensprecher und Leiterin des dänischen Verbandes für seltene Krankheiten kommentierte: "ERNs bieten Ärzten eine Struktur zum bedeutend effizienteren Austausch von Erfahrungen und Wissen. Anstatt auf die persönlichen Kontakte der Ärzte zu vertrauen, stellen die ERNs ein organisiertes Recherchensystem bereit, damit Ärzte relevante Informationen rechtzeitig finden können." Sie fügte hinzu: "Die Wirksamkeit dieses System ist abhängig von den EU-Mitgliedsstaaten, die ihre Fachzentren an ein ERN anschließen möchten. Als Patienten müssen wir dies nachdrücklich fördern, denn es wird uns großen Nutzen bringen."
Beste klinische Praxis
Wissensverbreitung über ERNs könnte die Schaffung von gemeinsamen Informationsdatenbanken und folglich die Entwicklung bester klinischer Praktiken unterstützen. Dies wiederum könnte zur 'Angleichung' des Fachwissens der Beschäftigten des Gesundheitswesens, die von der Erfahrung ihrer Kollegen in anderen EU-Mitgliedsstaat profitieren können, beitragen. Diese Informationsdatenbanken könnten auch zur weiteren Forschung im Bereich der seltenen Krankheiten genutzt werden.
Welche Rolle Spielen Patientenorganisationen in den ERNs?
Patientenorganisationen sind nicht gesetzlich verpflichtet, der Regulierung und Auswertung von ERNs zu folgen. Aber ERNs sind verpflichtet, die Bereitstellung von patientenorientierter Versorgung und Patientenbefähigung darzulegen. Die Formalisierung der Patientenbeteiligung an ERNs steht noch aus.
Der Regulierungsrahmen
Die EU-Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung fordert die Unterstützung der EU-Kommission bei der Entwicklung von ERNs in allen Mitgliedsstaaten. Der Delegierte Beschluss beinhaltet die Kriterien, die Netzwerke, die zum Europäischen Referenznetzwerk werden möchten, und die Fachzentren, die sich einem Europäischen Referenznetzwerk anschließen möchten, erfüllen müssen. Der Durchführungsbeschluss hingegen beschreibt die Kriterien für die Einrichtung und Bewertung von ERNs und deren Mitgliedern.
Bleiben Sie dran, für den zweiten EURORDIS-eNews-Artikel Anfang 2015 über die nächsten Umsetzungsschritte für ERNs.
Eva Bearryman, Junior Communications Manager, EURORDIS
Übersetzer: Peggy Strachan
Übersetzer: Peggy Strachan
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